„70 JAHRE BUCHKLUB“

Oktober 2018

Der Österreichische Buchklub der Jugend hat Geburtstag und feiert 70 Jahre Einsatz im Dienst der Leseförderung. Aus diesem Anlass wurden Vorstand, Landesreferenten und Mitarbeiter des Buchklubs zum Empfang bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen in die Hofburg geladen, der die bedeutende Aufgabe des Buchklubs honorierte: „Danke, dass Sie seit vielen Jahren jungen Menschen die Freuden des Lesens näherbringen. Danke für Ihr Engagement! Ich bin davon überzeugt: Lesen ist kein Selbstzweck, sondern ein Beitrag zu Humanität und zu Bildung, zum friedlichen Zusammenleben, zum Entfalten der menschlichen Persönlichkeit.“

Buchklub-Vorsitzende Christa Prets unterstreicht: „Siebzig Jahre Österreichischer Buchklub der Jugend heißt Leseförderung für Kinder und Jugendliche, heißt immer wieder auf die zeitlichen Veränderungen einzugehen und gleichzeitig aber auch innovativ zu sein, Visionen zu haben und sie zu realisieren. Enge Kooperationen mit dem Netzwerk der SchulreferentInnen in allen Bundesländern sind die Grundlage für die Entwicklung und Umsetzung unserer Angebote. Neben Lesekompetenz ist es uns wichtig auf Medienkompetenz hinzuweisen, die im Zusammenhang mit der Digitalisierung notwendig ist, um mit der täglichen Flut von Informationen umgehen zu können und sie zu nutzen, ohne benutzt zu werden.“

„Unsere Kinder und Enkelkinder leben zwar in unserer Zeit, aber in einer anderen Welt. Wurden wir durch Bilderbücher alphabetisiert, wachsen Kinder heute mit den Bildern der Werbung auf. Haben wir die Welt schön säuberlich von links oben nach rechts unten, umblättern, Seite für Seite kennengelernt, strömen auf unsere Kinder Informationen aus allen Richtungen ein, nicht hintereinander, sondern gleichzeitig“, so Buchklub-Medienexperte Gerhard Falschlehner über die gegenwärtige Herausforderung.

Und wie geht's weiter?
Die neue Buchklub-Geschäftsführerin Lydia Grünzweig ist sicher: „Lesen gilt unbestritten als Basisvoraussetzung für die Nutzung der Medienvielfalt. Lesen steht mit den digitalen Medien in einer spannenden Wechselwirkung, neue Formen und Techniken des Lesens entwickeln sich. Wir erleben im Augenblick wohl die gravierendste Umwälzung und Ausweitung an Informationskanälen seit der Gutenberg-Revolution. Zugleich droht aber auch weltweit eine Spaltung in eine Medien-Zweiklassengesellschaft – mündige Leser und beliebig manipulierbare Nichtleser. Faszinierende und spannende Aufgaben, die auf den Buchklub zukommen.“

Buchklub-Missionen der letzten 70 Jahre

Der Buchklub wurde am 15. September 1948 auf Initiative des Deutschlehrers und späteren langjährigen Buchklub-Generalsekretärs Richard Bamberger mit Unterstützung von Politikern gegründet. Man wollte die Versäumnisse gegenüber der Jugend des Krieges wiedergutmachen, mit Hilfe des Buches eine positive Weltanschauung vermitteln und die Kinder zu Friedensliebe und Demokratie erziehen.
„Ich bin das Jahrbuch und ich habe große Angst, dass ihr mich auslacht, weil ich so klein und unscheinbar bin.“ Mit diesen Worten begann die Erfolgsgeschichte des Buchklubs. Das erste Jahrbuch enthielt vor allem Leseproben aus Jugendbüchern, die berühmten „Anlesetexte“, die dann abbrachen, wenn es am spannendsten wurde. Für den Durch-bruch der Idee „Buchklub“ war überdies ein Erlass des Unterrichtsministeriums mitverantwortlich, dass an allen Schulen ehrenamtliche BuchklubreferentInnen installiert werden durften – bis heute sind sie die Basis des Buchklubs.
Aus dem Jahrbuch wurden 1990 bunte und kreative Magazine, unter anderem mit der Leitfigur PHILIPP, der Buchklubmaus, die zum Buchklubmaskottchen wurde. Dahinter stand aber auch ein neues lesedidaktisches Programm: Förderung der Kreativität und Eingehen auf die Individualität der Kinder waren die Leitlinien für erfolgreiche Leseförderung. 1996 tauchte ein seltsames Tier in den Schulen auf: der Lilla GORILLA, die Leitfigur einer neuen Taschenbuchreihe mit spannenden Jugendromanen und Textanthologien für 10- bis14-Jährige. Mit bis heute 48 Bänden und weit über 300 000 verkauften Exemplaren etablierte sich der Lilla GORILLA in der Jugendbuchlandschaft. Kaufte der Buchklub anfangs Lizenzen von bewährten Romanen ein, hat sich der Buchklub GORILLA, wie er seit 2006 heißt, im Lauf der Jahre zu einer Taschenbuchreihe österreichischer Neuerscheinungen entwickelt.
1991 entstand unter dem Namen „Lesen unter einem Dach“ eine Kooperationsgemeinschaft mit dem Jugendrotkreuz, aus der die beiden Magazine JÖ und TOPIC hervorgehen. Mit über 200 000 Abonnenten ist die Kooperation seither europaweit einmalig erfolgreich.
Nach den eher enttäuschenden PISA-Ergebnissen 2001 wurde der Buchklub vom Unterrichtsministerium beauftragt, Konzepte vorzulegen. Der Buchklub entwickelte die Initiative LESEFIT, die bei LehrerInnen und Eltern ein verändertes Bewusstsein für Leseförderung wecken sollte.
War der Buchklub in den Anfangsjahren stark auf die Vermittlung von guter Jugendliteratur fokussiert, intensivierte er im Lauf der Jahre seine lesepädagogischen Aktivitäten. Ab den neunzehnsechziger Jahren fanden in allen Bundesländern und Schultypen „Leseseminare“ statt, die von Landes- oder Bezirksreferenten des Buchklubs organisiert wurden, und bis heute einen ganz wesentlichen Beitrag zur Lehrerfortbildung leisten.
Lesekompetenz ist die Voraussetzung für politische Mündigkeit des Einzelnen, daher war die Verknüpfung von Lesen mit politischer Bildung ein wichtiger Aspekt der Buchklub-Arbeit. Der aktuelle Buchklub CROSSOVER-Band „100 Jahre jung – Literatur aus Österreich“ für SchülerInnen ab 12 Jahren ist eine spannende Geschichte Österreichs aus der Sicht der Jungen.
Die letzten 10 Jahre wurden auch von Wirtschaftspartnern und Sponsoren mitgeprägt, die der Buchklub gewinnen konnte. Die OMV-Tochter Gas Connect, unterstützt seit Jahren ein Literatur- und Archäologieprojekt für Kinder in jenen Gemeinden, in denen Gas gefördert oder durch sie transportiert wird.
McDonald‘s bietet gemeinsam mit dem Buchklub in seinen Filialen gute Kinderbücher als Gimmick an, die Handelskette HOFER engagierte den Buchklub, um ein qualitätsvolles Kinderbuchsortiment aufzustellen und anzubieten. Bei beiden Aktionen geht es vor allem darum, Kinder aus lesefernen Milieus zu erreichen, die sonst keinen Zugang zu Büchern hätten. Im Auftrag der Firma KAPSCH entwickelte der Buchklub schließlich ein Lesetrainingsprogramm für Lehrlinge.
Wenn man über den Buchklub spricht, muss man den sozialen Aspekt erwähnen. Kein Kind soll aus finanziellen Gründen vom Lesestoff ausgeschlossen werden. Von 2002 bis 2017 konnte der Buchklub dank verschiedener Sponsoren allen Kindern und ihren Eltern (rund 90 000 pro Jahrgang) zur Schuleinschreibung als kleines Geschenk mit der Schulanfängerbroschüre, und später mit Schulstart ein Gratisbuch schenken. Von jedem der eigenen Medien stellt der Buchklub 10 % als Freiexemplare bereit. Rund eine Million Euro konnten dadurch allein in den letzten Jahren als Buchprämien für Schulbibliotheken zur Verfügung gestellt werden. Und viele Buchgeschenke machten Kindern Freude, die keine Bücher besaßen, wie „Bücher zum Ankommen“ für geflüchtete Kinder und „Bücher zum Anfangen“ für Eltern, die sich keine Bücher leisten können, zum Beispiel für alleinerziehende Mütter in Frauenhäusern.
Wichtig im digitalen Zeitalter ist auch die Verknüpfung von Lesen in analogen und digitalen Medien. Daher bietet der Buchklub online frei zugänglich und gratis parallel zu allen Buchklubmedien Buchklub-Impulse mit vielfältigen Materialien und Impulsen auf www.buchklub.at.